Zöliakie
- 16. Jul 2012
- Allergien und Unverträglichkeiten
Bei der Zöliakie (Synonyme: einheimische Sprue, glutensensitive/gluteninduzierte Enteropathie) handelt es sich um eine Unverträglichkeit gegenüber dem Klebereiweiß Gluten, welches Bestandteil vieler Getreidesorten ist.
Gluten ist in Weizen, Gerste, Dinkel, Roggen, Hafer und Grünkern und allen daraus hergestellten Produkten enthalten. Auch Urkornarten wie Emmer, Kamut, Einkorn und Tritikale enthalten Gluten.
Gewöhnlicher Weise stellt der Verzehr von Gluten für den menschlichen Körper keine Schwierigkeit dar. Bei einigen Menschen kommt es jedoch aufgrund einer Überreaktion des Immunsystems (einer sogenannten Autoimmunreaktion, bei der sich das Immunsystem gegen körpereigene Zellen richtet) zu einer Schädigung der Darmschleimhaut. Diese führt zu einer chronische Erkrankung des Dünndarms und einer Beeinträchtigung der normalen Funktion der Darmschleimhaut.
Symptome
Die Symptome der Zöliakie sind sehr individuell und variieren von Patient zu Patient im Schweregrad und Auftreten. Zu den Symptomen zählen:
- Bauchschmerzen
- Blähungen
- Verstopfung
- anhaltende Durchfälle
- Übelkeit und Erbrechen
- Müdigkeit, Antriebslosigkeit
- Appetitlosigkeit
- Entzündung der Mundschleimhaut
- Kopfschmerzen
- Blässe
- Misslaunigkeit
- Mangelerscheinungen: z.B. Eisenmangel
- Erhöhte Infektanfälligkeit
- Bei Kindern häufig: Entwicklungsstörungen, Kleinwuchs, verzögerte Pubertätsentwicklung
Diagnose
Die Diagnose der Zöliakie erfolgt in verschiedenen Schritten. Anfangs ist eine ausführliche Anamnese notwendig. Dazu erfragt der Arzt die Symptome sowie die Krankengeschichte. Ergeben sich dabei typische Symptome, so wird im Blut ein Antikörpertest durchgeführt. Dabei wird das Blut auf bestimmte zöliakietypische Antikörper hin untersucht. Die wichtigsten Antikörper sind dabei Endomysium-IgA (EmA-IgA) und Gewebstransglutaminase- IgA (tTG-IgA; auch bezeichnet als Transglutaminase-2-IgA, TG2-IgA).
Bei negativem Ergebnis des Antikörpertests ist das Vorliegen einer Zöliakie sehr unwahrscheinlich, weitere Untersuchungen sind dann nicht notwendig.
Fällt der Antikörpertest jedoch positiv aus, so muss die Diagnose über histologische Untersuchungen gefestigt werden. Dazu werden bei einer Dünndarmspiegelung Gewebeproben entnommen. Lassen sich dabei Veränderungen in Form von Zottenschäden erkennen, so gilt dies als Bestätigung der Diagnose Zöliakie.
Wenn trotz vorhandener Antikörper keine Veränderungen der Darmschleimhaut erkennbar sind, sollte ein Gentest auf die HLA-Marker DQ2 und/oder DQ8 erfolgen, um eine Zöliakie eindeutig auszuschließen bzw. sicherzustellen.
Wichtig ist es, dass zum Zeitpunkt der Untersuchungen sowie in den Wochen vorher keine glutenfreie Diät eingehalten wird, da die Ergebnisse sonst verfälscht werden könnten und eine Zöliakie unentdeckt bleiben könnte.
Nach der Diagnose ist eine umfangreiche Ernährungsberatung durch eine Fachkraft (z.B. zertifizierte/r Oecotrophologin/e oder Diätassistent/in) unumgänglich. Diese Beratung wird durch alle gesetzlichen Krankenkassen bezuschusst.
Diagnostische Vorgehensweise nach neuen Leitlinien der ESPGHAN (European Society for Pediatric Gastroenterology, Hepatology an Nutrition) bei symptomatischen Patienten:
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Patient mit zöliakiespezifischen Symptomen |
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Antikörpertest: negativ |
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Testung auf zöliakiespezifische Antikörper |
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Antikörpertest: positiv |
↓ |
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↓ |
Zöliakie sehr unwahrscheinlich |
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Histologische Veränderungen: Zottenschäden |
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Histologische Untersuchungen: Gewebsentnahme im Dünndarm |
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↓ |
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↓ |
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Diagnose Zöliakie bestätigt |
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Keine histologischen Veränderungen |
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↓ |
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Weitere Untersuchungen: Gentest |
Therapie
Die Behandlung der Zöliakie besteht aus einer konsequenten, lebenslangen glutenfreien Ernährung, denn die Verträglichkeit von Gluten bessert sich bei Betroffenen nicht im Laufe des Lebens.
Halten sich betroffene Personen an eine glutenfreie Kost, erholt sich der gereizte Darm schnell, die Dünndarmzotten regenerieren sich, die genannten Beschwerden und Symptome lassen nach und die Aufnahme von Nährstoffen, Vitaminen und Mineralstoffen kann wieder besser erfolgen. Eine durch die Zöliakie bedingte Laktoseintoleranz ist meist ebenfalls vollständig verschwunden, sobald die Darmzotten sich erholt haben.
Eine medikamentöse Therapie, die die Verträglichkeit vom Gluten verbessert, gibt es nicht.
Ernährung bei Zöliakie
Was ist Gluten?
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Bei der glutenfreien Ernährung müssen alle Getreidesorten, die Gluten enthalten sowie die Mehle dieser Getreidearten und daraus hergestellte Produkte gemieden werden. Eine Vielzahl an Getreidesorten enthält kein Gluten, so dass Produkte daraus ohne weiteres verzehrt werden können und eine Alternative zu glutenhaltigen Produkten darstellen.
Glutenhaltiges Getreide:
- Weizen
- Gerste
- Dinkel
- Roggen
- Hafer
- Grünkern
- Emmer
- Kamut
- Einkorn
- Tritikale
Getreide ohne Gluten:
- Hafer (wenn als glutenfrei gekennzeichnet)
- Hirse
- Amaranth
- Buchweizen
- Reis
- Mais
- Quinoa
- Maniok
- Reine Weizenstärke (Prima-Stärke, A-Stärke)
Desweiteren gibt es eine Vielzahl an Lebensmitteln, die natürlicherweise kein Gluten enthalten. Dazu zählen Obst und Gemüse, Hülsenfrüchte (z.B. Sojabohnen, Bohnen), Nüsse sowie Kartoffeln, Salate und Kräuter, Eier, Fleisch, Fisch und Meeresfrüchte, Milch und natürliche Milchprodukte (z.B. Naturjoghurt, Buttermilch, Quark). Auch viele Süßwaren wie Zucker, Honig, und Marmelade enthalten genau wie Pflanzenöle und Butter kein Gluten.
Diese prinzipiell geeigneten Lebensmittel können häufig jedoch nur dann bedenkenlos gegessen werden, wenn sie in unverarbeiteter Form vorliegen, denn wie bereits erwähnt wird Gluten in der Lebensmittelindustrie häufig als Zusatzstoff eingesetzt.
Bei einer abwechslungsreichen und vollwertigen Ernährung ist trotz einer Einschränkung bei der Auswahl von Getreideprodukten nicht mit einer Mangelversorgung an Kohlenhydraten, Vitaminen und Ballaststoffen zu rechnen. Viele Firmen stellen spezielle glutenfreie Produkte her, auf die ein Zöliakie-Patient zurückgreifen sollte.
Gluten ist deklarationspflichtig, das bedeutet es muss auf der Lebensmittelverpackung im Zutatenverzeichnis stehen. Allerdings sind in einigen Lebensmitteln durch den Verarbeitungsprozess bedingt Spuren von Gluten enthalten, welche bereits für eine Schädigung der Darmzotten ausreichen können. Diese müssen nicht in der Zutatenliste aufgeführt werden, werden aber vom Hersteller meist mit dem Hinweis „Kann Spuren von Gluten/Weizen enthalten“ auf dem Produkt aufgeführt.
Auch auf nicht verpackter, also loser Ware muss ab Dezember 2014 Gluten gekennzeichnet werden. Bisher kann aber auf Nachfrage auch bei losen Waren (z.B. Wurstwaren beim Metzger) erfahren werden, ob im Produkt Gluten enthalten ist.
Ist das internationale Zeichen für glutenfreie Produkte (eine durchgestrichene Ähre, siehe Abbildung) auf dem Produkt abgebildet, kann sich der Verbraucher sicher sein, dass Gluten weder in größeren Mengen, noch in Spuren enthalten ist.
Laut der EU-Verordnung Nr. 41/2009 gilt, dass in Lebensmitteln, die als glutenfrei gekennzeichnet werden, der Glutengehalt höchstens 20 ppm (2 mg / 100 g Lebensmittel) betragen darf. Als Produkt mit geringem Glutengehalt dürfen Lebensmittel deklariert werden, die maximal 100 ppm (10 mg / 100 g Lebensmittel) enthalten.
Hilfe beim Einkauf bietet neben der Lebensmittel-Kennzeichnung die Deutsche Zöliakie Gesellschaft. Mitglieder der Gesellschaft bekommen jährlich eine Auflistung aller glutenfreien Lebensmittel zugeschickt, welche auch als PDF erhältlich ist. Mittlerweile gibt es zudem Apps, mit deren Hilfe durch das Scannen des Barcodes eines Produktes überprüft werden kann, ob ein Lebensmittel Gluten enthält.
Kontaminationen vermeiden
Da bereits kleinste Spuren von Gluten ausreichen, um einen erneuten Ausbruch der Krankheit zu bewirken, muss im Umgang mit Lebensmitteln sorgsam darauf geachtet werden, dass es nicht zu Kontaminationen von glutenfreien Lebensmitteln durch glutenhaltige Lebensmittel kommt. So sollte beispielsweise niemals ein glutenfreies Brot in einer Bäckerei gekauft werden, die auch normales Brot herstellt. Durch Mehlstaub in der Backstube oder im Lager ist es beinahe unmöglich, eine Kontamination auszuschließen. Auch Getreidemehlsorten, die natürlicherweise glutenfrei sind, sollten nur dann gekauft werden, wenn sichergestellt ist, dass im vermahlenden Betrieb keine glutenhaltigen Mehle hergestellt werden.
Im Haushalt sollten glutenfreie und glutenhaltige Lebensmittel an unterschiedlichen Orten gelagert werden. Besonders wichtig ist auch eine sehr gute Hygiene in Bezug auf die Handreinigung sowie auf Kochgeschirr und andere Küchenutensilien, damit eine versehentliche Kontamination ausgeschlossen werden kann. Spül- und Trockentücher sollten in doppelter Ausführung vorhanden sein, um auch hier keine Kontamination zu bewirken. Arbeitsgeräte wie Getreidemühlen oder Toaster sollten bei Bedarf ebenfalls doppelt vorhanden sein, da die Reinigung sehr aufwändig und schwierig ist.
Marmeladen und Honig sollten nur mit Löffeln entnommen werden, damit ein versehentliches Einbringen von Gluten über ein Messer ausgeschlossen werden kann. Für Streichfette gilt wiederum: doppelt hält besser! Der Zöliakie-Patient sollte seine eigene, kontaminationsfreie Margarine oder Butter verwenden.
Ursachen
Genaue Ursachen der Zöliakie konnten bisher noch nicht festgestellt werden. Vermutet wird, dass das Zusammenspiel zwischen genetischen Faktoren, dem Nahrungsfaktor Gluten und weiteren Faktoren (z.B. vorangegangene Infektionen) als Auslöser fungiert.
Siehe auch:
-
Ernährungsempfehlungen bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten
-
Oligoallergene Basisdiät (Suchdiät)
-
Ernährung bei Neurodermitis
-
Kreuzallergien
-
Latexassoziierte Nahrungsmittelallergie
-
Birkenpollenassoziierte Nahrungsmittelallergie
-
Histaminintoleranz
-
Sorbitintoleranz
-
Fruktosemalabsorption
-
Laktoseintoleranz